Wer von der Vielfalt der Nutzpflanzen profitiert, soll auch zu ihrer Erhaltung beitragen – das fordert ProSpecieRara anlässlich der 11. Sitzung des Lenkungsorgans des FAO-Saatgutvertrags in Lima. Im Zentrum steht die Revision des multilateralen Systems (MLS), das den Zugang zu den weltweit wichtigsten Genbanken und die Aufteilung der Vorteile regelt.
Vom 24. bis 29. November tagt in Lima (Peru) das Lenkungsorgan des FAO-Saatgutvertrags (International Treaty on Plant Genetic Resources for Food and Agriculture, ITPGRFA). Die Schweiz ist gemeinsam mit Peru Co-Gastgeberin.
Mehr Verantwortung für kommerzielle Nutzer
ProSpecieRara fordert Massnahmen, die zu einer deutlich höheren finanziellen Beteiligung kommerzieller Nutzer führen. Das MLS hat mit seinem standardisierten Vertrag (SMTA) den Zugang zu Genbankmaterial stark vereinfacht – doch beim Benefit-Sharing, also der gerechten Aufteilung der Gewinne, besteht grosser Nachholbedarf.
Eigentlich sollten Unternehmen, die von der Nutzpflanzenvielfalt profitieren, einen kleinen Teil ihrer Erträge in einen Fonds einzahlen, der Bauern im globalen Süden zugutekommt, welche die Nutzpflanzenvielfalt erhalten und nachhaltig nutzen. Doch nach 18 Jahren sind weniger als eine Million US-Dollar an Pflichtzahlungen eingegangen.
Reformvorschlag liegt auf dem Tisch
Bereits vor zwölf Jahren wurde deshalb eine Arbeitsgruppe zur Überarbeitung des MLS eingesetzt. Seit Beginn vertritt François Meienberg von ProSpecieRara die globale Zivilgesellschaft in dieser Gruppe. In Lima soll diese Arbeit nun abgeschlossen werden.
Kern der Reform ist ein neues Subskriptionssystem: Nutzer:innen würden bereits beim Zugang zu Genbankmaterial einen kleinen Anteil ihres Umsatzes als Benefit-Sharing-Beitrag leisten. An der Erarbeitung dieses Systems waren auch Schweizer Akteure massgeblich beteiligt.
«Damit das System funktioniert, braucht es klare, überprüfbare Regeln und eine faire Aufteilung des Nutzens. Nur so kann die Vielfalt, auf der unsere Ernährung beruht, auch in Zukunft gesichert werden», sagt François Meienberg von ProSpecieRara.
Patente auf natürliche Eigenschaften im Fokus
Ein weiteres zentrales Anliegen ist die konsequente Umsetzung der Vertragsbestimmung, die Patente auf natürliche Eigenschaften und Gensequenzen aus Genbankmaterial verbietet. Nur so bleibt das Material weltweit frei zugänglich.
Mittels einer Recherche und basierend auf einer kürzlich publizierten Studie des CGIAR hat ProSpecieRara nun vier verschiedene Patente von fünf Firmen – Syngenta, Sakata, Rijk Zwaan, Nunhems (BASF) und Vilmorin – identifiziert, die unserer Meinung nach den SMTA verletzen. ProSpecieRara fordert deshalb gemeinsam mit Oxfam die FAO auf, ein Streitbeilegungsverfahren einzuleiten, um den Rückzug dieser Patente zu erreichen.
Schlupfloch in den USA
In einem gleichzeitig veröffentlichten Bericht macht ProSpecieRara auf ein weiteres Problem aufmerksam: Die USA verlangen für den Zugang zu ihren Genbanksammlungen für inländische Nutzer nach wie vor keinen SMTA-Vertrag. Dadurch können insbesondere Saatgutunternehmen die Benefit-Sharing-Pflicht umgehen und weiterhin Patente auf natürliche Eigenschaften aus MLS-Material anmelden.
François Meienberg wird an den Verhandlungen in Lima teilnehmen und steht für Auskünfte vor Ort zur Verfügung.
Weitere Informationen:
Kurze Einführung zum FAO Saatgutvertrag
Brief an die FAO betreffend Verletzung des SMTA durch Patente (Englisch)
Studie des CGIAR wie Patente das SMTA verletzen (Englisch)
Bericht über die Umgehung des Multilateralen Systems in den USA (Englisch)
Weitere Auskünfte:
François Meienberg, bis und mit 20.11 in Zürich – ab 22.11 in Lima am besten erreichbar per E-Mail: francois.meienberg@prospecierara.ch; Tel: 061 545 99 19
