Parmentier Reinette – wenige, aber grosse Äpfel

Vor über 30 Jahren stiess der damalige «Jung-Pomologe» Frits Brunner auf die 'Parmentier Reinette', mit der auch seine Mutter Erinnerungen aus ihrer Jugendzeit verband.

Diese anfänglich unscheinbare Lederreinette begegnete mir schon am Anfang meiner pomologischen Erkundungen in meinem Wohnort Therwil/BL, wie auch in den Nachbargemeinden. Auffallend war stets der kräftige Wuchs sowie die grossen Blätter, und dass der Baum für seine Grösse eher spärlich trug. Deshalb sind die Äpfel meist eher gross. Hier in der Nordwestschweiz fand ich in 30 Jahren Lederreinetten in einer Vielfalt, wie sie sonst nirgends anzutreffen sind.

Die 'Parmentier Reinette' oder 'Reinette gris Parmentier' ist ein rundum berosteter Lederapfel, meist mittelgross bis gross, zuerst graugrün, später kupferartig, teils silbrig schimmernd. Die ausgeprägte Säure wird mit der Lagerung bekömmlich und ausgesprochen fein. Die Sorte muss bei hoher Luftfeuchtigkeit gelagert werden, dann ist sie problemlos bis März lagerbar. Guter Tafel-, ausgezeichneter Küchenapfel, ebenso zum Dörren und Mosten geeignet. Sehr wüchsiger Baum, gesund, wenig krankheitsanfällig, gedeiht am Besten in frischfeuchten nahrhaften Böden in milder Lage.

Früher wurden junge Deutschschweizer Frauen ins Welschland-Jahr geschickt, vor allem der Sprache wegen: Für Kost und Logis dienten sie mehr oder weniger als Dienstmädchen, Magd. Anfang der 1940-er Jahre war auch meine Mutter in Payerne/VD stationiert, wo sie in einem Betrieb mit Landwirtschaft und Bäckerei (damals selbstverständlich mit Confiserie) eine arbeitsreiche, jedoch kurzweilige Zeit verbrachte. Öfters erzählte sie uns von der Madame, die ihr nie frische Pâtisserie gab, sondern höchstens die vorgestrige. Zum Gutsbetrieb gehörte auch etwas Schlossartiges, mit einem unbeheizten Rittersaal. Darin wurden die Lederreinetten aufbewahrt, auf Stroh. So blieben sie frisch und gut bis Ostern und länger. Für Madame und Familie musste Mutter jeweils Lederäpfel holen, sie selber durfte nur Sonntags einen essen.

Jedenfalls erkannte sie die 'Reinette grise Parmentier' als eben diese Lederreinette, als ich ihr vor ein paar Jahren zum Zvieri davon gerüstet hatte. Sie erinnerte sich auch an das besondere Aroma und das ausgeglichene Bouquet der gut gelagerten Äpfel, aus dem Stroh im kalten Rittersaal. Natürlich hatte sie öfters einen der werktags verbotenen Äpfel stibitzt ... Und ich konnte ihr berichten, dass der Apfel dort 'Reinette grise Vaudoise' heisst und dass ich ihn in der Region nicht selten auf Altbäumen fand. Karl Stoll sel., bekannter Schweizer Pomologe und Gründungsvater der Partnerorganisation Fructus, hatte mir damals die Sorte richtig bestimmt, als ich selber erst 'Jakob Lebel', 'Berner Rosen', 'Sauergrauech' und 'Klarapfel' sicher bestimmen konnte.

Frits Brunner, Obstexperte ProSpecieRara
 

Wie steht es heute um die Absicherung dieser Sorte?
Die Apfelsorte 'Parmentier Reinette’ ist mit 9 Bäumen in den ProSpecieRara-Obstgärten abgesichert. Auch in Erhaltungsgärten des Nationan Aktionsplans zur Erhaltung der pflanzengenetsichen Ressourcen NAP-PGREL, welcher finanziell vom Bundesamt für Landwirtschaft unterstützt wird, sind 2 Bäume enthalten. Vereinzelt könnte es noch weitere Bäume dieser Sorte geben, welche nicht erfasst sind oder einen andere Bezeichnung haben. Möchten Sie 'Parmentier Reinette' anpflanzen und so den Weiterbestand der Sorte sichern? Dann vermittelt Ihnen ProSpecieRara gerne Edelreiser. Herzlichen Dank für Ihr Interesse!

 

Die 'Parmentier Reinette' im Sortenfinder