Pflanzengesundheit bei Kartoffeln

Als vegetativ vermehrte Kulturpflanze bietet die Kartoffeln einer Vielzahl an potentiellen Schadorganismen «ein Zuhause», da diese über die Pflanzkartoffeln ganz einfach in die Folgegeneration übergehen können. ProSpecieRara gibt die Sortenerhaltung und Pflanzgutvermehrung von gut 60 Kartoffelsorten daher bei professionellen Partnerbetrieben in Auftrag. Ein, zwei Jahre lang für den Eigengebrauch oder die Weitergabe an Nachbar*innen selber Kartoffeln nachzuziehen, kann indes bei den seltenen Raritäten dienlich sein – sofern sich keine Pflanzenkrankheiten offensichtlich breit machen

Eine Schwierigkeit beim Erkennen von Kartoffelkrankheiten ist, dass die Schadbilder je nach Kartoffelsorte ganz unterschiedlich aussehen können. Professionelle Kartoffelspezialist*innen werden entsprechend genau auf die Schadbilder der aktuellen Handelssorten geschult. Besondere Übung braucht das Erkennen von gleichzeitig mehreren Erregern auf einmal, wie zum Beispiel verschiedene, sich überlagernde Schorfpilze oder Virosen. Gewisse Erreger lassen sich indes gar nicht optisch identifizieren, sondern beispielsweise nur durch einen Virustest oder eine Bodenprobe auf Nematoden sicher bestimmen.

Seien Sie daher nicht erstaunt, wenn Sie ein Schadbild, das Sie an Ihrer ProSpecieRara-Kartoffelsorte beobachten, nirgends beschrieben finden. Beobachten Sie Ihre Pflanze aber weiter und melden Sie sich gegebenenfalls bei verdächtigen Symptomen im Pflanzenwuchs oder auf Knollen bei zuständigen Fach- und Auskunftsstellen.

Nachfolgend haben wir Ihnen Bilder und Links zu einigen Krankheits- und Schädlingsinfos bei Kartoffeln zusammengestellt. Die Auflistung ist nicht vollständig. Zum weiteren Nachforschen empfehlen wir die aufgeführten Fachstellen zu konsultieren.


Kraut- und Knollenfäule

Die Anfälligkeit gegen die Kraut- und Knollenfäule ist bei einigen alten Sorten ein grosses Problem. Zur Vermeidung sind gesundes Pflanzgut und das Einhalten von Anbaupausen wichtige Voraussetzungen. Bei erfahrungsgemäss hohem Befallsdruck in der Region und zu grossen Misserfolgen mit nicht so robusten Sorten ist die Verwendung von Sorten, die weniger anfällig für den Erregerpilz Phytophtora infestans sind, empfehlenswert. Wichtig ist auch, dass befallene Pflanzenteile und Rüstabfall nicht im Kompost landen. Im Hausgarten können einzelne befallene Blätter oder Stängel händisch entfernt werden, um die weitere Verbreitung zu verhindern. Sehr wichtig ist, sogenannten Primärbefall sofort zu erkennen und die ganze Pflanze auszureissen und zu entsorgen, denn von solchen Befällen entwickelt sich die Krankheit jeweils erstmals und kann Ausgangspunkt für die Verbreitung in einer ganzen Region sein. Mit etwas Glück kann so der Befall gestoppt werden, wenn danach zusätzlich eine trockene Witterung mithilft. Für die Landwirtschaft gibt es das schweizweite Warnsystem PhytoPre, welches Meldungen zur aktuellen Befallslage sammelt und dank Kombination mit Wettervorhersagen aktuelle Pflanzenschutzmassnahmen empfiehlt. Ist der Befallsdruck bei vorwiegend feuchter Witterung zu gross, können Pflanzenschutzmittel den Schaden begrenzen. Hausmittel wie z.B. Schachtelhalmbrühe oder Magermilch werden da und dort in Gartenratgebern empfohlen. Am wirksamsten für die direkte Bekämpfung und in der Landwirtschaft verbreitet sind immer noch Kupferpräparate. Sie sind aber aufgrund der Kupferanreicherung im Boden umstritten und für die nachhaltige Bodenpflege besser zu vermeiden. Wenn die Pflanzen bis auf die Stängel befallen sind, sollten alle oberirdischen Pflanzenteile entfernt werden, um nicht den Befall der Knollen mit dem Fäulepilz zu riskieren. Bei sehr hohem Befallsdruck mit feuchter Witterung oder stark anfälligen Sorten werden die Kartoffeln danach idealerweise bald geerntet und verspeist. Bei moderater Gefahr für den Befall der Knollen im Boden kann das Heranreifen bis zur Schalenfestigkeit wie gewohnt abgewartet werden. Weitere Informationen zum Schadbild

 


Kartoffelviren

Viren an Kartoffelpflanzen werden vorwiegend durch Blattläuse übertragen. Sie stellen für den Anbau und die direkte Nutzung der Kartoffeln kaum ein Problem dar. Wer Knollen aber selber nachnehmen möchte, um sie im Jahr darauf wieder zu pflanzen, wird unter Umständen vermehrt auffällige Symptome wie schlechter Wuchs, veränderte Blattform, Färbungen, grössere Anfälligkeit auf andere Schadorgansimen oder allgemeinen Ertragsverlust bemerken. Es gibt verschiedene Kartoffelviren und einmal in der Pflanze und den Knollen drin, werden sie sich in den Folgegenerationen immer wieder zeigen und sich mit der Zeit sogar anreichern. Mehrmaliges Nachnehmen der eigenen Knollen kann daher zu richtiggehenden «Viren-Haufen» führen. In so einem Fall ist der Bezug von frischem Pflanzgut, das professionell vermehrt wurde und weitgehend virenfrei ist, zu empfehlen. Weitere Informationen und Schadbilder verschiedener Viren 

ProSpecieRara-Tipp: Sonnenbad für Kartoffeln als Virenschutz

 


Drahtwürmer

Drahtwürmer können vor allem ein Qualitätsproblem sein und machen das Kartoffelverarbeiten in der Küche mühsam. Manchmal sind die Frasslöcher Eintrittspforten für Krankheiten. Eigene Beobachtungen des ProSpecieRara-Teams in Hausgärten haben schon vermuten lassen, dass blaufleischige Kartoffeln bevorzugt von Drahtwürmern befallen werden – sie scheinen zu wissen, was gut ist. Eine direkte Bekämpfung ist nicht möglich, am besten vermeidet man den Kartoffelanbau zwei drei Jahre nach Wiesenumbruch sowie wiesennahe Flächen. Experimentierfreudige können zwischen die Kartoffeln oder an den Rand einzelne Tagetespflanzen setzen. Die Drahtwürmer fressen deren Wurzeln, sterben aber daran und werden so dezimiert.

Dieses Merkblatt für Kartoffelproduzent*innen von Swisspatat fasst die wichtigsten Eigenschaften gut zusammen.

 


Kartoffelkäfer

Kartoffelkäfer können sich fallweise massiv vermehren und im Hausgarten in einem nur kleinen Bestand von für die Käferlarven attraktiven Pflanzen wie Kartoffeln und anderen Nachtschattengewächsen sehr gefrässig und schädlich sein. Im Hausgarten gibt es dagegen jedoch eine recht effiziente Bekämpfung: Käfer und Larven regelmässig von Hand ablesen und idealerweise bereits die leuchten orange-roten Eigelege und frisch geschlüpfte Larven an den Blattunterseiten finden und entfernen. Für grössere Anbauflächen gibt es zugelassene Pflanzenschutzmittel für bio- und konventionellen Anbau, die beim Erreichen einer bestimmten Schadschwelle angewendet werden.

Tipp: Nutzen Sie diesen Schädling für das Erkennen von schwachen Pflanzen! Ähnlich wie es oft mit Schnecken zu beobachten ist, treten zu Beginn Kartoffelkäfer manchmal auffallend nur bei einzelnen Pflanzen oder in einzelnen Sorten gehäuft auf. Beim genaueren Hinschauen erkennt man vielleicht Anzeichen von Pflanzenkrankheiten wie Virenbefall oder aus anderen Gründen geschwächte Pflanzen. Reissen Sie in solchen Fällen die Pflanze gerade mitsamt den Käfern aus, entsorgen Sie alles – und danken Sie’s den Käfern, welche Ihnen damit gleich geholfen haben den Bestand gesund zu halten!
Weitere Informationen zum Kartoffelkäfer im biologischen Anbau


Meldepflichtige Schadorganismen bei Kartoffeln

Die im Folgenden beschriebenen Schadorganismen kommen aktuell nicht oder nur sehr selten in der Schweiz vor, bergen aber ein grosses Schadpotential und eine Bekämpfung ist nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Es gilt auf der Hut zu sein!

Ringfäule (Bakterienkrankheit)

Die Krankheit ist in der Schweiz bisher nicht aufgetreten, in den nördlichen Regionen Europas aber schon lange bekannt. Kartoffelimporte und Saatkartoffelproduktion werden in der Schweiz stichprobenweise auf den Erreger geprüft.

Weitere Informationen

 


Braunfäule oder Schleimkrankheit (Bakterienkrankheit)

Die Krankheit wurde erstmals 2017 an importierten Rosenstöcken in der Schweiz festgestellt. Kartoffelimporte und die Saatkartoffelproduktion werden in der Schweiz stichprobenweise auf den Erreger geprüft. Die Krankheit kann unzählige weitere Pflanzenarten befallen.

Weitere Informationen, Informationsblatt zu Symptomen und betroffenen Pflanzenarten

 


Kartoffelkrebs (Pilzkrankheit)

Diese Krankheit tritt seit Ende des 19. Jahrhunderts in Europa auf. In der Schweiz kam sie seit 1925 nur sporadisch zum Vorschein und wurde letztmals 2002 gemeldet. Dank verschiedener Massnahmen zur Begrenzung und Ausbreitung konnte der Pilz in den meisten Fällen auf den Ort des Auftretens beschränkt werden. Die genaue Verbreitung ist aber nicht gänzlich geklärt, vor allem wegen der offenbar sehr langen Überlebensdauer des Pilzes in kontaminierten Böden. In Deutschland wurden einige Fälle in Privatgärten entdeckt, vermutlich aufgrund der Verwendung von nicht zertifiziertem Pflanzgut. Ein besonderes Augenmerk für die Symptome ist angebracht.

Weitere Informationen / Merkblatt

Eine grobe Übersicht zur Erinnerung der wichtigsten Eigenschaften der Erreger von Ringfäule, Braunfäule und Kartoffelkrebs bietet dieses Merkblatt.

 


Guatemala-Kartoffelmotte (Schädling als Larve)

In Zentral- und Südamerika ein gravierender Schädling, ist die Motte 2015 erstmals auf europäischem Festland in Spanien festgestellt worden. Sie kann sich vor allem in den wärmeren Gebieten Europas ansiedeln,in der Schweiz bräuchte sie Lagerhäuser zum Überwintern.

Weitere Informationen / Merkblatt

 


Kartoffelerdflöhe (Schädling als Larve und Käfer)

Vier Erdfloharten, die an der Kartoffelschale Schäden anrichten können, gelten in der Schweiz und der EU als meldepflichtige Quarantäneschädlinge. Zwei davon sind in Portugal und Spanien vereits vorhanden, die anderen beiden Arten konnten in Europa noch nicht nachgewiesen werden.

Weitere Informationen / Merkblatt

 


Kartoffelzystennematoden (Fadenwürmer)

Auf diese stark den Pflanzenwuchs schädigenden Nematoden werden in der Schweizer Kartoffelbranche Felder und Kartoffeln streng geprüft, da sie in einem befallenen Boden bis zu 20 Jahre überdauern können.

Weitere Informationen / Merkblatt

 

ProSpecieRara, März 2021