Pflanzengesundheit bei Gemüse

Die meisten Krankheiten und Schädlinge im Gemüsebau beziehen sich auf die aktuelle Pflanzenentwicklung und die Ernte, werden aber nicht über Samen weiterverbreitet. Leider trifft die Ausnahme dieser Regel unter anderem ausgerechnet die allseits beliebte Tomate!

Auf Tomaten und Paprika wurde seit einigen Jahren in mehreren Ländern Europas ein potentiell verheerendes Virus festgestellt, das sich in den Pflanzenbeständen rasant ausbreiten und ganze Gewächshausernten vernichten kann. Das sogenannte Jordanvirus überträgt sich zum Beispiel nicht nur via Gerätschaften und Berührung, sondern auch über Saatgut (mehr dazu siehe unten). Dies hat dazu geführt, dass der Handel mit Tomaten- und Paprikasaatgut und insbesondere der gewerbliche Versand nur noch mit einem offiziellen Pflanzenpass geschehen darf, der einen Befall mit dem Jordanvirus ausschliesst (Siehe dazu Artikel im rara 2/2021.)

Andere Kulturarten wie zum Beispiel die Gartenbohne können ebenso von Viren und von Bakterien betroffen sein, die sich über das Saatgut verbreiten. Samenübertragbare Pilzkrankheiten sind beim Gemüse weniger häufig oder problematisch. Falls es doch zu Problemen mit Pilzkrankheiten auf Samen kommt, gibt es hierbei teilweise Möglichkeiten für eine Saatgutbehandlung, wie zum Beispiel das Einlagern in Asche bei grosssamigen Arten. In der professionellen biologischen Saatgutproduktion wird bei einigen Kulturarten die Heisswasserbehandlung gegen Pilz- und Bakterienkrankheiten angewandt (siehe unter «Bakterien auf Leguminosen»).

Nachfolgend haben wir zu einigen Gemüsearten Infos zu Krankheiten und Schädlingen zusammengestellt. Wir beschränken uns im Wesentlichen auf samenübertragbare Schadorganismen, da diese aus Sicht der Sortenerhaltung zusätzliche Anforderungen stellen, und da diesen bei der Weitergabe von Saatgut besondere Beachtung geschenkt werden muss. Ergänzend führen wir unten die Quarantäneorganismen auf, die grundsätzlich meldepflichtig sind. Die Zusammenstellung ist nicht vollständig.Bitte konsultieren Sie fürweitere Probleme und Schadbilder einschlägige Literatur und zuständige Fachstellen, von denen hier einige aufgeführt sind.

Viren auf Tomaten und Paprika

Mit der Beliebtheit von Tomaten und Paprika entwickelten sich auch eine grosse Palette an Pflanzenviren, die sich auf diese und verwandte Gemüsearten (fruchtbildende Nachtschattengewächse) spezialisiert haben. Bei Auftreten eines Virus können die Pflanzen sehr unterschiedliche Symptome zeigen, die sich sogar je nach Sorte unterschiedlich manifestieren können. Kranke Pflanzen werden am besten von den anderen isoliert, oder zur Sicherheit ganz entsorgt. Viele Viren übertragen sich über mechanische Berührung von einer Pflanze auf die andere. Dies ist meist bei nahem Standort der Fall, wenn sich die Blätter berühren. Die Übertragung kann aber auch über Hände und Werkzeuge passieren, wenn zwischen der Bearbeitung von zwei Pflanzen nicht desinfiziert wird. Eine direkte Bekämpfungsmöglichkeit gegen Viren an den Pflanzen gibt es nicht. Pflanzenstärkungsmassnahmen können wohl die Robustheit verbessern und die Infektionswahrscheinlichkeit verkleinern.

Selbstverständlich sollen Samen nur von visuell gesunden Pflanzen genommen werden. Manchmal kann eine Virusinfektion aber unauffällig verlaufen, oder erst spät einfallen. So muss man sich bewusst sein, dass stets ein Restrisiko bleibt. Im privaten Samenbau von Tomaten gibt es mit der Nassgärung immerhin eine gute Massnahme, um etwa vorhandene Viren auf den Samen zu reduzieren. Achten Sie dabei auf einen guten Gärverlauf nach der Ernte Ihrer Tomatensamen. Der Gärungserfolg lässt sich daran erkennen, dass die Samen vollständig von den Fruchtresten gelöst sind. Bei Paprika wird diese Methode in der Regel nicht angewandt und für gewisse Viren ist die Übertragungsrate auf das Saatgut bei Paprika tatsächlich höher im Vergleich zu Tomaten. (Anleitung, Tomatensamen nass reinigen)

Bei der Samenvermehrung von Paprika und einer bekannten Gefahr für ein Virus empfiehlt sich daher genügend Pflanzen anzubauen, einen genügend grossen Pflanzabstand einzuhalten und bei Symptomen betroffene Individuen sofort aus dem Bestand zu entfernen. Sicherheit einer Virenfreiheit bei Saatgut gibt nur eine teure Labordiagnose. Für den professionellen Verkauf von Tomaten- und Paprika-Saatgut ist daher eine Pflanzenpass-Anmeldung mit Labordiagnose auf Jordanvirus vorgeschrieben. Das Jordanvirus gehört aktuell zu den gravierenden Gefahren, die bisher zum Glück in der Schweiz noch nicht aufgetreten ist (mehr zum Jordanvirus siehe unten unter Quarantäneorganismen). Andere Viren sind weniger gefährlich und beeinträchtigen den Tomaten- und Paprikaanbau auf dem Balkon oder im Hobbygarten wenig.


Viren auf Leguminosen (Gartenbohnen, Erbsen, Ackerbohnen, etc.)

Virensymptome können in einem Leguminosen-Bestand auf verschiedenen Pflanzen unterschiedlich ausgeprägt sein. Denn es ist oft festzustellen, dass auch ein kontaminierter Saatgutbestand nicht befallene Samen enthält, oft sind sogar nur ein geringer Anteil der Samen befallen. Hat man in der Vermehrung von Bohnen und Erbsen Mühe mit Viren, empfiehlt sich daher das einzelne Führen der Pflanzen mit einem genügend grossen Abstand zueinander. Das ist platzaufwändig, erlaubt aber bei Symptomen sofort die befallenen Pflanzen zu entfernen, was z.B. bei Stangenbohnen in einem engen Bohnenstangenkreis unmöglich wäre. So kann die Übertragung über Berühren von Blättern ausgeschlossen werden. Achten Sie bei Bearbeitungsschritten wie dem Aufbinden oder dem Entfernen von nicht mehr gesunden Blättern oder von kranken Pflanzen aber sehr gut darauf, nicht verschiedene Pflanzen zu berühren ohne vorher die Hände oder das Werkzeug desinfiziert zu haben.

Aufgrund der grossen Anfälligkeit von Leguminosen auf Blattläuse ist die Übertragung der Viren von einer Pflanze auf die nächste über diese Insekten häufig. Die Bekämpfung von Blattläusen oder gute Robustheit der Pflanze gegen Blattläuse hilft daher, auch die Verbreitung von Pflanzenviren einzudämmen. Leider ist dies in der Praxis oft nicht einfach, da Blattläuse sich sehr rasch vermehren und ausbreiten können. Prävention gegen Blattläuse könnten Insektenschutznetze bieten, doch leider fördert der so geschützte Anbau Blattläuse umso mehr, sollten sie einmal eine kleine Eintrittspforte unter das Netz gefunden haben. Ebenso kann bei heissen Tagen unter dem Netz die Befruchtungsrate der Pflanzen schlechter sein.

Das Erkennen von Pflanzenviren auf Leguminosen kann erschwert sein, wenn die Pflanzen an anderen Problemen leiden – schlecht aussehende Pflanzen müssen also nicht in jedem Fall von Viren befallen sein. Gewissheit auf Virenfreiheit lässt nur eine teure Labordiagnose zu. Über alles gesehen gilt es wohl eine Kombination verschiedener Reduktionsmöglichkeiten gegen Viren anzuwenden, um möglichst gesundes Saatgut zu erhalten. Wenn auch die vollständige Viren-Eliminierung oder -Verhinderung bis zur Samenernte schwierig sein kann, leisten Reduktionsmassnahmen nach bestem Wissen und Gewissen schon einen wichtigen Beitrag zum noch gesünderen Anbau im nächsten Jahr.

Weitere Informationen zu Schadorganismen auf Leguminosen


Bakterien auf Leguminosen

Verschiedene Bakterienarten können sich über Samen bei Leguminosen verbreiten. Für den Erwerbsanbau wird momentan besonders ein Augenmerk auf den Bohnenbrand (Xanthomonas axonopodis) gelegt. Eine direkte Bekämpfung auf Pflanzen oder Saatgut ist nicht möglich oder mit denkbaren Methoden wie der Heisswasserbehandlung noch nicht abschliessend erwiesen. In der Praxis noch mehr anzutreffen dürfte die Fettfleckenkrankheit sein (Pseudomonas syringae). Sie kann mit Heisswasserbehandlung der Bohnensamen erwiesenermassen reduziert werden, diese Methode bedingt aber das genaue Einhalten der Temperaturbedingungen, um dem Samen nicht zu schaden. Und das Saatgut muss danach rasch getrocknet werden. Die Heisswasserbehandlung wird auch zur Behandlung von Pilzkrankheiten, wie zum Beispiel Alternaria auf Karottensamen eingesetzt. Zahlen und Empfehlungen zur Heisswasserbehandlung gibt es wenige, gemäss verschiedenen Quellen scheinen in der Praxis 50 bis 55°C während 5 bis 20 Min. zur Anwendung zu kommen. Aber nicht alle Sorten vertragen solche Behandlungen gleich gut und die Keimfähigkeit kann stark zurück gehen. Darum ist das keine empfehlenswerte Methode zur Prävention und sie sollte bei jeder Sorte oder noch besser bei jedem Saatgutposten zuerst an einem kleinen Muster ausgetestet werden.

Als oberstes Gebot für die Samenernte gilt, dass sämtliche Samen mit auffälligen Verfärbungen aus der Saatguternte zu eliminieren sind.

Informationen zum Bakteriellen Bohnenbrand


Käfer auf Leguminosen

Verschiedene Käferarten haben sich auf die verschiedenen Leguminosenarten spezialisiert. Für die Saatgutlagerung ist besonders der Speisebohnenkäfer tunlichst von Lager und Samenposten fern zu halten, denn er kann sich ohne einschränkende Massnahmen darin fortpflanzen und dabei den ganzen Posten vernichten. Dagegen ist z.B. der Ackerbohnenkäfer ein reiner Freilandschädling, der sich im Lager nicht weiter vermehrt – ein Befall kann hier zum Verlust der betroffenen Samen führen aber nicht weiteren Schaden anrichten. Der Schaden dieser Käferarten wird durch die Larven verursacht, die sich im Innern der Samen entwickeln. Fressen sie dabei die für die Keimung lebenswichtigen Bestandteile eines Samens ab, ist der Same tot. Mit etwas Glück können beschädigte Samen also durchaus noch keimen, wenn der Schädling vollständig beseitigt wurde. Vermeidung ist aber nach wie vor die beste Prävention. So hilft ein möglichst früher Anbau und wenn es die Pflanze zulässt, sollte man nicht zu lange mit der Körnerernte zuwarten. Idealerweise werden daher die frühesten Hülsen für die Kornernte ausreifen gelassen, und sobald die Reife erreicht wird, werden die Körner nachgetrocknet und vom Garten in Sicherheit gebracht. Im Haugebrauch hat sich die Bekämpfung des Käfers über tiefgefrieren des Saatguts während mindestens 21 Tagen bei mindestens minus 18°C als effektive Methode etabliert. Wichtig ist dazu ein vollständig trockener Samenbestand, aber es sollte nicht zu lange zugewartet werden, um Wachstum und Frass der vorhandenen Käferlarven möglichst bald zu stoppen.

Informationen zum Erbsenkäfer
Informationen zum Ackerbohnenkäfer


Meldepflichtige Schadorganismen bei Gemüse

Die im Folgenden beschriebenen Schadorganismen kommen aktuell nicht oder nur sehr selten in der Schweiz vor, bergen aber ein grosses Schadpotential und eine Bekämpfung ist nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Es gilt auf der Hut zu sein!

Jordanvirus auf Tomaten und Paprika

Das Tomato brown rugose fruit virus (ToBRFV), auch bekannt unter dem Namen Jordanvirus, ist 2014 erstmals in Israel aufgetreten. Später kam es unter anderem zu Ausbrüchen in Deutschland, Italien und Grossbritannien. Das Virus befällt Tomaten und Paprikapflanzen und löste bis jetzt vor allem im Tomatenanbau grosse Schäden aus. Befallene Pflanzen zeigen meistens eine mosaikartige Verfärbung an den Blättern und gelbe Flecken auf den Früchten. In einem Pflanzenbestand kann es sich sehr schnell ausbreiten. Das Jordanvirus ist der Hauptgrund dafür, dass heute für die Saatgut-Weitergabe strikte Einschränkungen gelten, weil sich das Virus über Samen verbreiten kann.

Weitere Informationen/Informationsblatt


Orientalische Fruchtfliege auf Tomaten und Auberginen

Dieses Insekt stammt ursprünglich aus tropischen Regionen Südostasiens. Es befällt neben Gemüsearten auch heimische Obstarten wie Apfel und Zwetschge. Die Orientalische Fruchtfliege wird hauptsächlich über den Handel von Früchten und Gemüsen verschleppt, und wird in der Schweiz regelmässig auf Importwaren wie Mango oder Paprika festgestellt. Es werden jährlich Gebietsüberwachungen zu diesem Schädling getroffen.

Weitere Informationen/Merkblatt


Thrips palmi auf Kürbis, Gurken, Tomaten, Auberginen

Dieses Insekt stammt ursprünglich aus Südasien und hat sich im 20. Jahrhundert auf fast allen Kontinenten verbreitet. In der EU kam es zu einzelnen Befallsausbrüchen, z.B. in Deutschland und Frankreich. Das kleine Insekt befällt Pflanzen aus 20 verschiedenen botanischen Familien. Thrips palmi wird hauptsächlich über den Handel von Früchten, Gemüsen, Schnittblumen und Zierpflanzen verschleppt, und wird in der Schweiz regelmässig auf Importwaren wie z.B. Orchideen festgestellt.

Informationen/Übersichtsblatt