Erkenntnisse bei der Farbvererbung bei den Walliserziegen

In den Anfangsjahren des Projekts ging man davon aus, dass das Gen, welches für die seltene Kupferfarbe bei den Kupferhalsziege verantwortlich ist, rezessiv ist, während die Schwarzhalsziegen ein dominantes Gen für Schwarz besitzen. Eine Genanalyse drehte diese Welt jetzt auf den Kopf.

Die gefährdeten Kupferhalsziegen und Schwarzhalsziegen gehören zu den Walliserziegen und zeigen beide ein für diese Gruppe typisches langes Haarkleid. Anders als die Schwarzhalsziegen, für die der Schweizerische Ziegenzuchtverband bereits über viele Jahrzehnte ein Zuchtbuch führt, standen die Kupferhalsziegen am Anfang des neuen Millenniums nur knapp vor dem endgültigen Verschwinden. ProSpecieRara startete darum 2006 ein Rettungsprojekt und schaffte es, aus weniger als 30 Tieren wieder einen Bestand von 496 Tieren (Stand Dezember 2018) aufzubauen.

Um Inzucht zu verhindern und mit einer genügend grossen genetischen Basis arbeiten zu können, setzte man bei der Erhaltungszucht von Anfang an auch auf den Miteinbezug von Schwarzhalsziegen. Dabei ging man davon aus, dass die schwarze Farbe dominant vererbt wird und somit die Kupferfarbe überdeckt, was bedeutet, dass Kupferhalsziegen immer ausschliesslich Kupfergene in sich tragen. Auf der anderen Seite konnten Schwarzhalsziegen gemäss der damaligen Annahme entweder reinerbig schwarz sein oder aber versteckt (rezessiv) das Kupfergen tragen. Solche Schwarzhalsziegen wurden unter der Bezeichnung "Genträger" im Zuchtbuch geführt. Zu Genträgern wurden sie entweder, weil sie einen kupferfarbenen Elternteil hatten oder aber Kupferhalsgitzi zur Welt brachten und somit bewiesen, dass sie das Kupfergen in sich tragen.

Paarungen, die es nicht geben sollte
Die allermeisten Farbvererbungen in den ersten Projektjahren, bestätigten dieses Modell. Nur ab und zu konnte man beobachten, dass aus einer Paarung zweier Kupferhälse ein Schwarzhalsgitzi hervorging, was gemäss Theorie nicht sein konnte. Das irritierte zwar, man stellte aber in den ersten Projektjahren, in denen die Zucht in den Hauptzügen dem aktuellen Modell entsprach, die genetischen Annahmen nicht in Frage.

In dem es nun aber immer mehr Kupferhälse gab, nahmen auch die Anzahl Paarungen zwischen Kupferhälsen zu – und damit auch das Phänomen, der schwarzen Gitzi zweier Kupferhalselterntiere. Umso gespannter war man auf die Daten, die das Institut für Genetik des Tierspitals der Uni Bern im Rahmen einer Studie über die Vererbung der Kupferfarbe der Kupferhalsziegen jetzt lieferte. Diese Daten und die inzwischen grössere Dichte an Informationen über effektiv erfolgte Paarungen aus dem ProSpecieRara-Zuchtbuch weisen darauf hin, dass es gerade umgekehrt ist: Kupfer wird dominant über Schwarz vererbt.

Mitunter ein Grund für die anfänglich falsche Annahme war, dass man davon ausgegangen war, dass die letzten Kupferhalsziegen 2006 reinerbig waren und nur das Kupfergen trugen, während die Schwarzhalsziegen entweder rein- oder mischerbig seien. Effektiv war es gerade umgekehrt: die letzten Kupferhälse waren mischerbig und trugen das Gen für Schwarz in sich, während die Schwarzhalsziegen reinerbig schwarz waren. Da in beiden Fällen die Jungtiere aus Paarungen zwischen Kupferhälsen und Schwarzhälsen zu 50 % kupferfarben und zu 50 % schwarz sind, fiel es nicht auf, dass das Modell nicht zutraf.

Wie weiter?
Bis auf die Tatsache, dass die bisher als Genträger im Zuchtbuch geführten Schwarzhalsziegen effektiv keine Gene für die Kupferfarbe tragen können und somit ihren besonderen Status innerhalb des Kupferhalsprojekts verlieren, ändert sich an der Zuchtstrategie nichts Grundsätzliches.

Die Geburt von Schwarzhalsgitzi als Resultat von Kupferhalspaarungen werden künftig keine Irritationen mehr verursachen. Mit der konsequenten Zucht ist zudem zu erwarten, dass die Anzahl an reinerbigen Kupferhalsziegen zu- und damit dieses Phänomen abnimmt.

Ansonsten bleibt die Faszination für die Genetik und der Respekt für die Pioniere wie Georg Mendel, der es schaffte, aus einer Vielzahl an Beobachtungen – ohne Hilfe von DNA-Analysen – biologische Muster abzuleiten, die uns bis heute helfen, die Zucht zu verstehen.

Details zu den möglichen Erbgängen inkl. schematischer Darstellung sind im Dokument "Farbvererbung zwischen Kupfer- und Schwarzhalsziegen" aufgeführt (siehe Download auf dieser Seite)

August 2014, © ProSpecieRara