So werden Sie Hühnerhalter*in

Schritt für Schritt zeigen wir Ihnen hier, welche Voraussetzungen Sie mitbringen müssen, welches Zubehör Sie brauchen und wo Sie dieses beziehen können, und welche Überlegungen Sie sich vor dem Start ins Hühnerhalter-Leben machen sollten.

Sandbadende Spitzhauben

Sandbadende Spitzhauben

Maya Jörg

Sandra Serretti

Sie haben sich dazu entschieden, in die Haltung oder Zucht von Hühnern einzusteigen, das freut uns sehr. Dass Sie auf diesen Beitrag geklickt haben lässt uns hoffen, dass Sie eine Hühnerrasse halten werden, die Unterstützung nötig hat. Die drei bis heute erhaltenen Landrassen der Schweiz, Appenzeller Barthuhn, Appenzeller Spitzhaubenhuhn und Schweizerhuhn eignen sich sehr gut für die Hobbyhaltung und werden Ihnen dank ihrer ausgesprochenen Langlebigkeit nachhaltig Freude bereiten.

Die folgenden drei Fragen müssen Neuhalter*innen mit einem klarem «Ja» beantworten können:

  • Habe ich genügend Platz für Stall und Auslauf meiner Tiere? (gesetzlich vorgeschriebene Mindestmasse)
  • Habe ich genügend Zeit für die täglichen und periodischen Arbeiten für die Tiere (siehe unten)?
  • Habe ich jemanden, der die Tiere versorgt, wenn ich ferien- oder krankheitshalber nicht da bin?


In aller Kürze: Was brauchen Sie für die Hühnerhaltung?

Material:

  • Gesicherter Stall (allenfalls mit elektronischer, automatischer Tür) plus Legenester
  • Auslauf mit Zaun oder Voliere sowie Strukturen zum Verstecken und Klettern (und für Schatten)
  • Einstreu, Füllmaterial für Nester
  • Sandbad
  • Futterspender, Tränke
  • Futter, geeignet für jeweilige Entwicklungsstufe (Kükenstarter, Aufzuchtfutter, Legehennenfutter, Ausmastfutter…) sowie Kalkgrit (z.B. Muschelkalk)
  • Material für Pflege und Gesundheit

Arbeitsaufwand:

  • Täglich
    • Futter und Tränke kontrollieren, auffüllen
    • Eier einsammeln
    • Tiere beobachten (Auffälligkeiten?)
  • Alle 2-3 Tage
    • Tränken und Futterspender reinigen
    • Kotbretter reinigen
  • Wöchentlich bzw nach Bedarf
    • Tiere untersuchen (Augen klar? Gefieder frei von Parasiten?)
    • Sandbad reinigen und allenfalls auffüllen.
  • Monatlich
    • Stall gründlich reinigen und gegebenenfalls desinfizieren


Die Züchtervereinigung
Die Erhaltungsarbeit für die drei gefährdeten Hühnerrassen, d.h. Zuchtmassnahmen, Pflege des Halter- und Züchternetzwerks, Vermittlung von Bruteiern und Tieren und vieles mehr obliegt der Züchtervereinigung für ursprüngliches Nutzgeflügel, kurz ZUN, die mit ProSpecieRara eng zusammenarbeitet. Wir empfehlen allen Hühnerhalter*innen, insbesondere auch Neueinsteigenden, eine ZUN-Mitgliedschaft. Mitglieder können über die ZUN Bruteier beziehungsweise Tiere der gefährdeten Rassen erhalten und von vielen Dienstleistungen, die ihnen den Züchteralltag erleichtern, profitieren.

Gehen wir nun ins Detail...
Damit Sie vom ersten Augenblick an gut planen können, haben wir für Sie einen Überblick über die Themen zusammengestellt, die es vor dem Start näher zu betrachten gilt.

  1. Ratgeber und Nachschlagewerke
  2. Kurse und Schulungen
  3. Stall und Auslauf
  4. Futter und Verbrauchsmaterial
  5. Tiere
  6. Gedanken über zeitlichen Aufwand


1. Ratgeber und Nachschlagewerke
Vor dem Start auf jeden Fall empfehlenswert ist die Lektüre eines guten Handbuchs. Wir können Ihnen folgende zwei Titel empfehlen. Sie finden sie auch in unserem Shop.

  1. Beate und Leopold Peitz, Wilhelm Bauer, «Hühner in meinem Garten», Ulmer Verlag: Ein attraktiv bebildertes Buch für Einsteiger*innen, in dem das nötige Grundwissen kurzweilig vermittelt wird.
  2. Hervé Husson, «Ideenbuch Hühnerställe»: Schritt für Schritt-Anleitungen für diverse Ställe, mit Abmessungen und exakten Angaben für Materialbedarf.


2. Kurse und Schulungen
ProSpecieRara führt zusammen mit der ZUN jeden Frühling einen Kurs für Hühnerhalter*innen durch, der sich speziell an Neulinge richtet, aber auch altgedienten Halter*innen von Nutzen sein kann: Zwei Referenten, die jahrzehntelange Erfahrung mitbringen, führen in das Thema ein; vom Ausbrüten der Bruteier über die Bedürfnisse des Federviehs bis zur Behandlung allfälliger Krankheiten werden hier alle relevanten Aspekte der Hühnerhaltung veranschaulicht. Der Praxisteil in den Hühnerställen des Brüglinger Hofs (am ProSpecieRara-Hauptsitz in Basel) ermöglicht es den Teilnehmenden, auf Tuchfühlung mit ihren zukünftigen Schützlingen zu gehen und Ideen für den eigenen Stallbau zu sammeln (zu den Kursen).

Die ZUN selber führt ebenfalls jeden Frühling an verschiedenen Orten Kükenaufzuchtkurse durch, wo die Grundlagen für die Brut und Aufzucht von Küken erlernt werden können (siehe hier). Daneben bietet die ZUN später im Jahr auch weitere Kurse an: Beringungshilfe, Rassenlehrkurse, Schlachtkurse, Kochkurse u.a.  


3. Stall und Auslauf
Ihre künftigen Mitbewohner brauchen Platz und Infrastruktur. Ein Hühnerhaus (mobil oder fix) schützt vor Witterung, insbesondere vor Zugluft, und vor Raubtieren wie Fuchs und Marder. Auch eine Voliere kann sinnvoll sein, um Angriffe von Habicht & co. zu verhindern, aber auch, um Flugversuche Ihrer Tiere einzuschränken.
Mit etwas handwerklichem Geschick kann für wenig Geld ein Stall konstruiert werden (siehe das oben empfohlene Buch). Vom Kauf sehr günstiger Fertigställe raten wir ab, die halten meist nicht lange.
Ideen für einen interssant strukturierten Auslauf gibt es in diesem Tierwelt-Artikel.

Diverse Infrastruktur ist für das Wohlbefinden Ihrer Tiere unerlässlich. Die Bedürfnisse ändern sich freilich während der Entwicklung vom Eintagesküken bis zur Legehenne.

Kükenaufzucht:Ein zugluftfreies Kükenheim mit Wärmelampe oder Wärmeplatte im Innenbereich muss während der ersten Wochen gewährleistet sein. Denken Sie auch an für Küken geeignetes Futtergeschirr und Tränken, sowie Einstreu.

Futterspender, z.B. Futtersilos oder -krippen halten das Futter sauber und verhindern Verschwendung durch Scharren im Futter. Sowohl Futterspender als auch Tränken sollten in der Höhe mit den Küken «mitwachsen» können. Eine grosse Auswahl an Modellen und Grössen finden Sie z.B. im Wachtelshop.

Legenest: Beginnen Ihre Hennen Eier zu legen, ist ein Legenest von Vorteil (ein geschützter Ort mit weichem Untergrund), denn viele Hühner bevorzugen zum Legen einen warmen und dunklen Ort, und das Legenest erleichtert es dem/der Halter*in, stets intakte und saubere Eier zu sammeln.


4. Futter und Verbrauchsmaterial
Bedenken Sie, dass Hühner, und dies gilt auch für Küken, «Dauerfresser» sind: Futter und sauberes Wasser müssen zu jeder Zeit zur Verfügung stehen, damit die Entwicklung optimal verläuft. Die Futtermischung muss an die Bedürfnisse der verschiedenen Entwicklungsstufen angepasst werden. So brauchen Küken, Junghennen, Legehennen und Masttiere unterschiedliche Zusammensetzungen. Der Handel hält die entsprechenden Mischungen als «Alleinfutter», oder «Basisfutter» plus «Ergänzungsfutter» im Angebot.

Hühner brauchen auch Mineralien, insbesondere Calcium, um den täglich mit den Eierschalen «verlorenen» Kalk zu ersetzen. Kalk-Grit (z.B. aus Muschelkalk) gehört darum zu den essentiellen Lebensmitteln für Ihre Hühner. Für eine gute Verdauung, und zur Verhinderung von Verstopfung des Kropfs, müssen Hühner auch kleine Steinchen aufnehmen, z.B. Quarzgrit. Eine gewisse Menge davon ist in «Alleinfutter» bereits vorhanden, es empfiehlt sich aber, zusätzlich noch Quarz- oder Muschelgrit beizusetzen.

Grünfutter wird meist von den Tieren beim Weidegang selber gesucht. Zusätzlich können Rüst- und Grünabfälle gefüttert werden, allerdings sind die Tiere keine Abfallverwerter und können nicht ausschliesslich von Küchenabfällen leben.

Einstreu aus Hanf- oder Schilfhäcksel, Hobelspänen, Rindenhäcksel o.ä. muss trocken und schimmelfrei sein und so wenig Staub wie möglich generieren, damit die Tiere (und auch der*die Halter*in) gesund bleiben.

Eine genügend grosses, mit trockenem und sauberem Sand gefülltes Sandbad zur Gefiederpflege ist nicht nur für die Hygiene und Gesundheit Ihrer Tiere absolut notwendig, es trägt auch ganz wesentlich zum Wohlbefinden der Hühner bei.


5. Tiere
Wie oben erwähnt, ist die Mitgliedschaft bei der Züchtervereinigung für ursprüngliches Nutzgeflügel ZUN ein wichtiger Zugang in das Züchter- und Halternetzwerk und ermöglicht angehenden Hühnerhalter*innen, Bruteier oder Tiere der entsprechenden Rassen zu erwerben. Man kann relativ einfach sogenannte Eintagesküken (auf Bestellung bei der ZUN) nach einem Kükenaufzuchtkurs beziehen, während adulte Legehennen, also ausschliesslich weibliche und ausgewachsene Tiere, eher schwierig zu finden sind (siehe dazu auch hier).

Brut und Aufzucht
Die Kunstbrut im eigenen Heim ist auf jeden Fall ein Highlight für angehende Hühnerhalter*innen, und mit der nötigen Infrastruktur und Hingabe auch gar nicht schwierig. Zum Ausbrüten der Eier braucht man einen Brutapparat, den es günstig für die Dauer der Brut zu mieten gibt, z.B. im Wachtelshop. Eine Anleitung zur Brut finden Sie hier. Nach ziemlich exakt 21 Tagen Brut schlüpfen Ihre Küken innerhalb von 1-2 Tagen und brauchen ab jetzt ein vorbereitetes Kükenheim mit Wärmequelle, Futter und Wasser.
Durchschnittlich schlüpfen aus 50% der Bruteier männliche Küken, was aber erst nach einigen Wochen erkennbar ist. 1 Hahn pro 5 – 8 Hennen ist ein gutes Geschlechterverhältis, was allerdings bedeutet, dass man für die «überzähligen» Hähne eine Lösung haben muss. Gut gewachsene Tiere mit ausgeprägten Rassemerkmalen lassen sich teilweise als Zuchttiere vermitteln, andere werden sinnvollerweise kulinarisch verwertet. Die ZUN leistet seinen Mitgliedern für beide Fälle Hilfestellung in Form von Tierbeurteilungen und Schlacht- und Kochkursen.

Die Frage, ob man überhaupt einen Hahn halten will oder nicht, wird sehr oft von der Nachbarschaft beantwortet; Jeder Hahn kräht, die einen etwas häufiger und lauter als andere. Will man bei der Erhaltung der Rasse mitmachen, also Nachkommen züchten, ist die Haltung eines Hahns (oder bei grösseren Gruppen mehrerer Hähne) unabdingbar. Bitte bedenken Sie, dass der Hahn nicht aus der eigenen Brut stammen darf, weil sonst Inzuchteffekte bei der nächsten Generation auftreten können. Die ZUN vermittelt «zuchtwürdige» Tiere zwischen den Züchter*innen so, dass die grösstmögliche genetische Breite der Populationen gewährleistet bleibt.

Ob daheim ausgebrütet oder als Küken bezogen: Ihre Tiere sind nun also da, und dank Ihrer Fürsorge werden die flauschigen kleinen Küken sehr schnell zu kräftigen Hennen oder Hähnen. Eine kleine Wegleitung zur Kükenaufzucht finden Sie hier.

In der Regel beginnen die Junghennen der drei Schweizer Rassen nach 20 - 23 Wochen mit dem Eierlegen. Die ProSpecieRara-Hühnerrassen legen in der Regel bis in den Oktober, denn bei weniger als 12 – 14 Stunden Tageslicht stellen sie das Eierlegen ein und beginnen zu mausern. Gewähren Sie Ihren Tieren jeweils diese Legepause, so unterstützen sie die diesen Rassen innewohnende Langlebigkeit, denn die Tiere erholen sich und erneuern ihr Gefieder. Dadurch starten sie jeweils wieder optimal in die nächste Saison.